Verrückt genug Schriftstellerin zu werden - Ein Roman von Brigitte Sattelberger
Kapitel 12 Der Verlagsvertrag
Die Zeit drängte, vor allem der Moritzburger Verlag. Der Eigner machte ihr klar, daß er das Buch bis Ende 1994 nur herausbringen könne, wenn sie sich jetzt entscheide. Von den übrigen vier Verlagen, denen ihr Manuskript zur Prüfung vorlag, hatte sie bisher keine endgültige Zusage erhalten, lediglich die Nachricht, sie möge sich noch einige Wochen gedulden. Sie befand sich in einer Zwickmühle. Guter Rat war teuer. Was tun? Wie sich entscheiden? Nach einer schlaflosen Nacht entschied sie nach dem Motto: Ein Sperling in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach. Vertrauen gegen Vertrauen. Bevor sie den Vertrag unterschrieb, handelte sie ein paar bessere Bedingungen aus: Statt 5 % Honorar erstritt sie 7 %. Schließlich wurde die Mehrwertsteuer vom Verleger vorher vom Ladenverkaufspreis abgezogen, was sie bis dahin auch nicht wußte, so daß am Ende für sie eh nur 5% herauskamen. Auch zusätzliche Freiexemplare hatte sie ausgehandelt.
Der Verleger meldete den Titel wie üblich beim Börsenverein, um ins Verzeichnis lieferbarer Bücher aufgenommen zu werden. Wenige Wochen später erhielt Cornelia die erste Druckfahne zur Korrektur.
Hastig öffnete sie das Päckchen und stieß vor lauter Nervosität die Kaffeetasse Tasse um.
„Ursula, Ursula!“ rief sie entsetzt und hielt ihren Schatz in die Höhe. Die Druckfahnen hatten zum Glück nicht mal einen Spritzer abbekommen.
„Ach Ursula, mich beschleicht ein ganz eigenartiges Gefühl, wenn ich auf das Bündel Papier in meinen Händen schaue. Eine Gefühl – wie soll ich es beschreiben? Einerseits bin ich demütig, dann wiederum stolz. Dreißig Jahre meines Lebens sind in diesem Buch dokumentiert. Ich bin einfach überglücklich.“
„Das kann ich gut verstehen.“
In dieser ersten euphorischen Stimmung übersah sie völlig die nun anstehende Arbeit des Korrekturlesens. Vierhunderteinundsiebzig Seiten. Sie war davon ausgegangen, daß die beanstandeten Stellen entsprechend den Korrekturvorschriften – was wiederum eine Einarbeitung in die spezielle Zeichensprache bedeutete jeweils mit dem Original verglichen, verbessert und dann zurückgeschickt werden könnten. Aber man verlangte eine Reinschrift, so daß sie alles noch einmal mit der Schreibmaschine abschreiben mußte; fehlerfrei.
Sie war happy, als sie es endlich geschafft hatte und die Druckfahnen plus Manuskript zurücksenden konnte.
„Wie geht es jetzt weiter? Wo will der Verleger Ihr Buch vorstellen, in welchen Medien will er Werbung machen?“ fragte Ursula. „Leider hat er darüber bis jetzt kein Wort verloren! Sie wissen, ich bin eine sehr vorausdenkende und nach Möglichkeit generalstabsmäßig planende Person. Ich habe ihm deshalb mitgeteilt, daß ich mich rechtzeitig mit den maßgeblichen Pressestellen in Verbindung setzen und meine Fühler ausstrecken will, was er sehr begrüßt. Wie ich inzwischen weiß, werden nur 10 % der Neuauflagen rezensiert.“
„Was heißt das, rezensiert?“
„Ein Journalist oder eine Journalistin liest das Buch kursiv, manchmal zwanzig Seiten vorn, den Mittelteil und Schluß, um dann mit einem Artikel in der Zeitung oder einem BücherJournal eine Empfehlung oder einen Verriß zu begründen.“
„Wenn über ein so umfangreiches Buch nur ein oder zwei Artikel erscheinen, wird es aber kaum bekannt, meinen Sie nicht auch?“
„Das ist leider so. Ich möchte zumindest, daß mein Buch zu den 10 % gehört, die überhaupt eine Rezension bekommen, verstehen Sie?“
Der Zufall kam ihr zu Hilfe. Arnold Mantel, der Bruder einer Saarbrücker Freundin, der in Wien wohnte und gerade sein erstes Buch herausgebracht hatte, kam auf Einladung der Landesregierung zu einer Lesung nach Saarbrücken. Sie hatten vorher ein paar Briefe miteinander gewechselt und trafen sich anläßlich seines Besuches privat. Er gab ihr ein paar Tips bezüglich Zeitungen und anderer Stellen, wohin sie sich wegen Rezensionen und eventuellen Lesungen wenden solle. Leider ohne durchschlagenden Erfolg.