Kapitel 13 Ein unverhofftes Wiedersehen

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„Sei nur nicht so sicher. Du bist auch heute eine sehr attraktive und begehrenswerte Frau, Cornelia. Eine Frau, die einem schon gefährlich werden könnte“, scherzte er. „Aber ich garantiere, du darfst es“, setzte er gleich darauf ernst hinzu. Und sie glaubte ihm.

Das Zimmer, das für Frank reserviert war, glich eher einer Suite, und sie sagte:

„Ja, hier kann man es aushalten, denke ich. Darf ich gleich einen Wunsch äußern?“

„Aber sicher!“

„Ich würde nach der langen Sitzerei im Zug viel lieber mit dir einen Spaziergang durch die Stadt machen, als im Zimmer zu hocken. Das Wetter ist so schön. Oder möchtest du, daß ich sofort weiter erzähle, Frank?“

„Nein, deine Idee ist ausgezeichnet. Es ist auch für mich verdammt lange her, daß ich einmal einen gemütlichen Stadtbummel gemacht habe, fällt mir gerade ein. Ich freue mich darauf.“

Nachdem ihr Gepäck abgestellt war, machten sie sich auf den Weg. Als sie durch die Straßen Mannheims schritten und Geschäftsauslagen bestaunten, meinte Frank:

„Weißt du noch, wie wir zusammen über Norderney gebummelt sind?“

„Gewiß! Ich habe auch gerade daran denken müssen. Es ist eine Ewigkeit her. Wie komisch das Leben doch manchmal spielt. Gehst du mit deiner Frau oft aus? Ich meine, machst du mit ihr manchmal einen Stadtbummel? Hast du Kinder?“

„Ja, zwei, und eine süße Enkeltochter. Aber ich bin leider viel unterwegs. Da ist die Zeit für so etwas sehr knapp.“

„Das verstehe ich, Frank. Darf ich dir trotzdem einen Rat geben?“

„Sicher!“

„Vergiß bei all der Arbeit und der damit verbundenen Hektik das Leben nicht. Weißt du, es ist so kurz, und eine liebende Frau kann strahlend schön bleiben, wenn ihr weiterhin die Aufmerksamkeit, die Liebe und Zärtlichkeit des Partners gelten. Auch das kostbarste Geschmeide kann die Erfahrung von Wärme, gemeinsamen Gesprächen und geteiltem Lachen nicht ersetzen.“

„Wie du das sagst, Cornelia! Vielleicht hast du recht. Ich werde darüber nachdenken.“

„Bitte tu das. Ich spreche aus der Sicht einer Frau. Entschuldige, aber Männern fehlt in dieser Hinsicht manchmal das Empfindungsvermögen, glaube ich.“

Bei der Rückkehr ins Hotel stellte Frank ein Menü zusammen und orderte es für das Zimmer. Vergnügt schaute Cornelia ihn an. Sie hätte Berge verschlingen können, nicht etwa, weil sie hungrig war, nein, es gefiel ihr einfach, einem Menschen gegenüber zu sitzen, der sich mit ihr über das Essen freute. Frank war ganz Gentleman, bediente sie, war auf ihr Wohl bedacht, füllte das Glas nach, bevor der Inhalt zur Neige ging. Ob er das zuhause auch macht, überlegte sie. Oder benahm er sich da wie Peter, der nebenbei die Zeitung las und tat, als sei sie gar nicht vorhanden. Er aß, ohne ein Wort des Lobes zu finden, und wenn sie ihn fragte, entrüstete er sich: „Du siehst doch, daß es mir geschmeckt hat, mir immer alles schmeckt.“ Aber das war für sie schlicht zu wenig, jeder Mensch brauchte mal ein Lob.

Noch während sie aßen, begann Cornelia, mit ihrer Geschichte fortzufahren. Doch erzählte sie nur einen Bruchteil dessen, was die Erinnerung in ihr wachrief.