Verrückt genug Schriftstellerin zu werden - Ein Roman von Brigitte Sattelberger
Kapitel 16 Lesung im Kleinen Theater
Der Termin ihrer ersten Lesung in Saarbrücken rückte in greifbare Nähe. Cornelia war von einem Erfolg hundertprozentig überzeugt; keinesfalls würde es ein solches Fiasko geben, wie es Karin Leipnitz aus dem LiteraturClub hatte erleben müssen. Selbst im Nachhinein tat Cornelia das Herz weh, wenn sie an deren Buchvorstellung dachte, wo alles, aber auch wirklich alles schief gelaufen war. Zur Lesung – Wochen vorher in Presse und Kulturjournal angekündigt – lag das Buch nicht gedruckt vor, was Karin Leipnitz dazu zwang, aus einem redigierten Manuskript vorzulesen. Da es keinen Buchverkauf gab, entfiel das Signieren und damit die Möglichkeit, persönlich ein paar Worte zu wechseln oder einen Kontakt zu knüpfen. Wäre Cornelia so etwas widerfahren, sie hätte ihren Verleger in der Luft zerrissen, überlegte sie. Als Magdalena anrief und fragte:
„Cornelia, wie fühlst du dich? – Sag, mit wie vielen Besuchern und Besucherinnen rechnest du eigentlich?“ meinte Cornelia souverän:
„Ich rechne mit einem vollen Haus, zirka vierzig Personen.“
Magdalena bot an, mit dem Wagen vorbeizukommen, um gemeinsam zum Veranstaltungsort zu fahren. Cornelia wußte das Angebot zu schätzen, zumal Magdalena dafür eine Autostunde in Kauf nehmen mußte.
„Hast du eine Ahnung, wer alles kommt?“ wollte sie noch wissen.
„Einige Freunde, Bekannte, zwei Geschäftsleute, sogar Verkäuferinnen zweier großer Kaufhäuser, von denen ich weiß, daß sie mein Buch besitzen. Und Ursula, meine Erst-Hörerin, kommt natürlich. Ich hoffe, auch einige aus der Literatur-Club-Runde finden sich ein.
„Bist du aufgeregt?“
„Im Moment bin ich noch die Ruhe selbst.“
„Also, dann bis morgen.“
„Bis morgen und danke für deine Begleitung, Magdalena.“
Am nächsten Tag fuhr Cornelia extra in die Stadt, um sich unter die geschickten Hände ihrer Friseurin zu begeben. Schließlich wollte sie an diesem Abend besonders gut aussehen.
Nach der langen Prozedur der Dauerwelle saß sie nervös unter der Trockenhaube und schaute alle paar Minuten auf die Uhr. Sie nahm einige Illustrierte zur Hand, von deren Titelblättern ihr Lady Di und Udo Jürgens entgegenlächelten, aber vergeblich – nichts vermochte Cornelia aus ihrer Reserve und Konzentration herauszulocken. Zum Glück war das Meisterwerk bald vollendet.
„Gefällt Ihnen die Frisur, Frau Schorn?“ fragte die Friseurin, „ich finde, Sie sehen einfach toll aus. Bestimmt haben Sie heute abend viel Erfolg. Ich drücke Ihnen fest die Daumen.“
Cornelia bedankte sich und schaute nochmals prüfend in den Spiegel, bevor sie sich erhob. An der Kasse hörte sie die gleichen Worte:
„Die neue Frisur steht Ihnen phantastisch, Frau Schorn.“